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Homeoffice-Pflicht nun auch für Arbeitnehmer – oder?

Es ging groß durch die Presse und da hieß es dann z.B.:

Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, ihren Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice anzubieten. Diese müssen das Angebot nun auch annehmen.

Aber stimmt dass denn?

Seit Ende 2020 und bis zum 30.04.2021 regelte die “SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV)”, dass Arbeitgeber verpflichtet waren, den Beschäftigten  anzubieten, von zu Hause aus zu arbeiten, wenn dem keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.

Dies bezog sich ohnehin nur auf Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten. Außerdem war umstritten, ob die Beschäftigten dieses “Recht” auch vor dem Arbeitsgericht hätten durchsetzen können. Die Frage konnte natürlich in der Kürze der Geltungszeit der Regelung auch nicht gerichtlich geklärt werden. So schnell “schießen die Preußen nicht” und die Arbeitsgerichte ebensowenig.

Nun ist die Regelung in das Infektionsschutzgesetz (§ 28b Abs. 7 IfSG) gewandert und hat Zuwachs bekommen:

Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen.

Während also der Arbeitgeber zwingende betriebsbedingte Gründe braucht, um Homeoffice zu verhindern, müssen die Beschäftigten nur überhaupt Gründe haben, weiterhin im Büro arbeiten zu wollen.

Für die Älteren unter uns – es gab da mal diesen Werbeslogan: “Raider heißt jetzt Twix, geändert hat sich nix” oder so ähnlich.

Das Gesetz ist befristet gültig (derzeit bis 30.09.2021, also kurz nach der Bundestagswahl). Selbst wenn Beschäftigte also ihr Recht auf Homeoffice einklagen wollten – realistisch wird es wohl keine rechtskräftige Entscheidung eines Gerichtes geben, bevor die Regelung, auf die man sich berufen würde, wieder aus dem Gesetz verschwindet.

Das gilt natürlich rein theoretisch auch andersrum. Wenn Beschäftigte Gründe haben, kein Homeoffice zu wollen, dann würde der Arbeitgeber, der diese Gründe gerichtlich geprüft sehen möchte, ebenso “mit dem Ofenrohr ins Gebirge schauen”.

Dumm für die Beschäftigten ist nur – das wird der Chef wohl kaum so handhaben.

Aber mir den Themen Abmahnung, Kündigung und Mobbing beschäftigen wir uns vielleicht besser ein anderes Mal.

Was können Sie also sinnvoll tun, wenn es in die eine oder andere Richtung Probleme beim Homeoffice gibt? Am besten wenden Sie sich an den Betriebs- oder Personalrat (bzw. die MAV), der für Ihren Arbeitsplatz zuständig ist. Wenn der dann nicht weiß, dass er an dieser Stelle wirklich viel für Sie tun kann – raten Sie ihm, mein Buch zu lesen 😉

Wenn es keine betriebliche Interssenvertretung gibt – denken Sie darüber nach, aktiv zu werden und eine zu gründen.
In der Zwischenzeit lassen Sie sich qualifiziert juristisch beraten. Die Erfahrung zeigt – gemeinsam finden wir fast immer eine Lösung.

 

 

Recht auf Homeoffice statt Kündigung

Das Arbeitsgericht Berlin hat in seiner erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung vom 10.08.2020 (Az: 19 Ca 13189/19) Wegweisendes festgehalten.

Ein Arbeitgeber hatte sich entschieden, seine Betriebsstätte in Berlin aufzugeben. Ein Teil der bisher dort durchgeführten Tätigkeiten sollte zwar weiter erbracht werden. Der Arbeitgeber wollte diese Tätigkeiten aber nach Wuppertal verlagern. Die Betroffene hatte nur die Wahl zwischen Kündigung oder Umzug nach Wuppertal.

In ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht legte die Arbeitnehmerin aber dar, dass sie ihre bisherige Tätigkeit genauso gut aus dem Homeoffice erbringen könnte. Damit wäre ihr der Umzug mit all seinen Belastungen erspart.

Der Arbeitgeber schaffte es nicht, dem Gericht überzeugend zu erklären, warum die körperliche Anwesenheit der Klägerin am Standort Wuppertal zur Erfüllung der arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben notwendig sein sollte.

Das Arbeitsgericht gab der Klage mit dem schönen Fazit statt:

“Angesichts der nunmehr deutlich stärker erfolgten Verbreitung elektronischen Arbeitens von zu Hause aus durch die Corona-Krise erscheint das Verhalten… als aus der Zeit gefallen und letztlich willkürlich.”

Ob der Sieg für die Betroffene von Dauer sein wird, ist noch offen. Demnächst wird sich das Landesarbeitsgericht Berlin- Brandenburg (und vermutlich später auch noch das BAG) mit dem Fall befassen.

Inhaltlich hält auch das Arbeitsgericht Berlin fest, dass es – von den wegen der Corona-Pandemie geltenden befristeten Ausnahmen abgesehen – keine gesetzlichen Rechtsanspruch auf Homeoffice gibt. Aber ein Arbeitgeber ist eben auch verpflichtet, bei seinen Entscheidungen nicht nur seine eigenen Interessen und Glaubenssätze zu betrachten, sondern auch die Interessen und Sichtweisen seiner Beschäftigten zu bedenken. Gerade wenn es darum geht, ob eine Kündigung wirksam ist oder nicht, muss es gute Gründe geben, warum das mildere Mittel (Homeoffice statt Beendigung des Arbeitsverhältnisses), wenn es eigentlich zur Verfügung steht, dann doch nicht genutzt werden kann.

Mit einem “das ham wir ja noch nie gemacht” oder “wo kämen wir denn hin, wenn das jeder wollen würde” ist es in solchen Fällen eben glücklicherweise nicht getan.

Gut dass die Klägerin offensichtlich fachkundigen Beistand hatte. Die Erfahrung zeigt – nach diesem Sieg ist zumindest eine anständige Abfindung drin, falls die Klägerin die Monate oder Jahre bis zur Rechtskraft einer endgültigen Entscheidung nicht abwarten kann.